Das Narrativ
Faktenfinder*innen und Faktenchecker*innen seien „der lange Arm der Regierung“ und würden die Meinungsfreiheit einschränken. Es wird der Eindruck erzeugt, Faktenchecks dienten nicht der Aufdeckung von Falschinformationen, sondern der Bundesregierung oder eigenen Zielen.
Die Argumentation
Diese Erzählung unterstellt Faktencheck-Redaktionen, dass sie den freien Informationsfluss verhindern würden, indem sie regierungs-kritische Informationen durch ihren Faktencheck diskreditierten. Als ein angebliches Instrument der Bundesregierung würden Faktencheck-Redaktionen die Opposition einschüchtern, indem sie regierungskritische Meldungen als falsch bezeichnen würden. So wird beispielsweise dem Medienhaus Correctiv vorgeworfen, von der Bundesregierung gefördert zu werden, um „staatsgenehmene“ Narrative zu stärken.
Zusätzlich dazu wird behauptet, dass die etablierten Medien in den vergangenen Jahren an Zuschauerschaft verloren hätten und des- wegen eine Kampagne gegen sogenannte alternative Medien und Influencer*innen gestartet hätten.
Beide Aspekte der Erzählung arbeiten mit einer verfälschten Interpretation von Faktencheck-Beiträgen und mit Dekontextualisierungen. Als Beleg dafür, dass Redaktionen absichtlich Fakten täuschen würden, wird ein Fehler der Faktenfinder-Redaktion der ARD1 angeführt. Der Redaktion war ein Übersetzungsfehler unterlaufen, der erst nach Veröffentlichung behoben wurde.
Keywords, die einen Hinweis auf das Narrativ sein können
‘Faktenchecker checken keine Fakten’ I ‘Linke Faktenchecker’ I ‘Die neue Zensur heißt Faktencheck’
Gegenargumente
Es gibt keine Hinweise darauf, dass die Regierung Faktencheck-Teams beeinflusst. Die Medienlandschaft in Deutschland spiegelt eine Vielfalt von Themen und Meinungen wider, ohne dabei einer staatlichen Kontrolle zu unterliegen. Dies gilt auch für die Faktencheck-Redaktionen.
Faktencheck-Teams wählen die zu überprüfenden Beiträge nach Kriterien wie Aktualität, Reichweite und potenziellem Schaden für die Gesellschaft aus. Die Beiträge überprüfen sie mit objektiven und nachvollziehbaren Methoden. Faktencheck-Redaktionen konzent- rieren sich darauf, Beiträge und Informationen anhand von Belegen und Primärquellen zu analysieren. Diese Quellen umfassen Daten, Dokumente, Aussagen von Augenzeug*innen, Betroffenen, Behörden und Einordnungen von Wissenschaftler*innen. Die Faktencheck Teams dokumentieren ihren Rechercheweg transparent und legen offen, wie sie eine Information überprüft haben und auf welche Quellen sie sich bezogen haben. Faktenchecks zielen nicht darauf ab, individuelle Meinungen zu bewerten.2
Um die Unabhängigkeit von Faktencheck-Teams zu sichern, wird die Einhaltung von bestimmten Standards von internationalen Organi- sationen wie dem International Fact-Checking Network geprüft. Zu diesen Standards gehören Überparteilichkeit, Fairness, Transparenz der Quellen und Finanzierung sowie Transparenz der Methodik und Korrekturpolitik.3
Die Finanzierung von Faktencheck-Redaktionen variiert. Faktencheck-Teams, die Teil eines Medienhauses sind, erhalten ihre Mittel direkt von diesem, wie BR24 #Faktenfuchs.4 Demgegenüber stehen unabhängige Faktencheck-Initiativen, deren Einkünfte aus einer Vielzahl von Quellen stammen, darunter Spenden, Fundraising- Aktionen, öffentliche Förderungen und Förderungen von Techfirmen oder Stiftungen, wie bei Correctiv.5 Die dpa-Faktencheckredaktion wurde im Jahr 2021 und 2022 auch durch Kooperationspartner wie Meta und TikTok sowie durch öffentliche Förderprojekte des EU-Parlaments unterstützt.6 Dies impliziert jedoch keineswegs eine Einflussnahme der finanziellen Unterstützer auf die journalistische Arbeit. Der Pressekodex gibt die strikte Trennung zwischen Verlag und Redaktion vor, was die redaktionelle Unabhängigkeit von finanziellen Zuwendungen sicherstellen soll.7
Für die Behauptung, die öffentlich-rechtlichen Medien würden gezielte Kampagnen gegen Influencer*innen führen, um ihre ver- meintlich verlorenen Zuschauer*innen zurückzugewinnen, gibt es auch keine Belege. Laut der AGF Videoforschung weisen alle TV-Nutzungswerte 2022 eine rückläufige Tendenz gegenüber den Vorjahren auf.8 Jedoch ist laut der Mainzer Langzeitstudie das Vertrauen in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk trotz aller Diskussionen hoch.9 Die Faktencheck-Redaktionen überprüfen Beiträge und Informationen auf einer Vielzahl von Plattformen. Darunter befinden sich auch Beiträge von Influencer*innen, Facebook-Seiten, Telegram- und Youtube-Kanälen. Die seltene Überprüfung von Berichten etablierter Medien durch Faktencheck-Redaktionen lässt sich auf die journalistischen Standards, Qualitätskontrollen und Regulierungen in Redaktionen zurückführen.10 Etablierte Medien unterliegen internen und externen Überwachungsmechanismen, wodurch Fehler in der Regel rasch korrigiert werden. Soziale Medien, Messengerdienste, private Blogs hingegen weisen oft einen Mangel an vergleichbaren Kontrollmechanismen auf. Daher beschäftigen sich die Faktencheck-Redaktionen öfter mit Informationen, die dort verbreitet werden.
Mehr Informationen zum International Fact-Checking Network |
1 Pascal Siggelkow (2023): Nord Stream-Explosionen – Weitere Unstimmigkeiten in Hersh-Bericht (zuletzt aufgerufen am 04.04.2024)
2 International Fact-Checking Network (2024): The commitments of the code of principles (zuletzt aufgerufen am 04.04.2024)
3 International Fact-Checking Net work (2024): The commitments of the code of principles (zuletzt aufgerufen am 04.04.2024)
4 Br24 Redaktion (2021): #Faktenfuchs: Wer wir sind und wie wir uns finanzieren (zuletzt aufgerufen am 04.04.2024)
5 CORRECTIV (2024): Unsere Finanzen sind transparent (zuletzt aufgerufen am 04.04.2024)
6 dpa (2024): Faktencheck bei dpa (zuletzt aufgerufen am 04.04.2024)
7 Pressekodex (2024): Trennung von Werbung und Redaktion (zuletzt aufgerufen am 04.04.2024)
8 Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (2024): Fernsehnutzung (zuletzt aufgerufen am 04.04.2024)
9 Bundeszentrale für Politische Bildung (2023): Medienvertrauen in Krisenzeiten (zuletzt aufgerufen am 04.04.2024)
10 CORRECTIV (2024): FAQ: Häufig gestellte Fragen an CORRECTIV.Faktencheck (zuletzt aufgerufen am 04.04.2024)