Presserat macht Kotau vor politischem Druck von rechts

Die Neuen deutschen Medienmacher:innen kritisieren, dass der Presserat seine Richtlinie zum Diskriminierungsschutz aufweicht.

Der Presserat weicht seine Richtlinie zum Diskriminierungsschutz auf: Die Herkunftsnennung ist jetzt bei öffentlichem Interesse erlaubt.

Er gibt damit all jenen Stimmen nach, die ihre Vorurteile in der Berichterstattung über Straftaten bestätigt sehen wollen.

Hintergrund: Der Deutsche Presserat hat in dieser Woche beschlossen, seine Regeln für die Kriminalitätsberichterstattung zu ändern. Bisher hieß es in der entsprechenden Richtlinie 12.1. des Pressekodex: Bei der Berichterstattung über Straftaten soll die Zugehörigkeit einer:s Verdächtigen oder von Täter:innen zu religiösen, ethnischen oder anderen Minderheiten nur dann erwähnt werden, wenn für das Verständnis des berichteten Vorgangs ein „begründbarer Sachbezug“ zur Straftat besteht. Künftig kann die Zugehörigkeit erwähnt werden, wenn „ein begründetes öffentliches Interesse" besteht.

Die NdM erklären dazu: Das weicht die bisherige Richtlinie des Presserats zum Diskriminierungsschutz auf. Von einer „Präzisierung der Richtlinie“, von der jetzt der Presserat spricht, kann keine Rede sein. Das Gegenteil ist der Fall. Schon jetzt hatten viele Kolleg:innen Probleme damit, einzuschätzen, ob die Nennung der Herkunft angebracht ist. Mit der neuen Formulierung wird es ihnen noch schwerer gemacht. Denn wer entscheidet, was ein "begründetes öffentliches Interesse" ist? Jetzt reicht es offenbar zu glauben, das Publikum würde es wissen wollen. Vorher war der Sachbezug zur Tat und Geschichte maßgeblich. Die Herkunft sollte nur dann ins Spiel kommen, wenn dadurch Motive oder Folgen einer Tat erhellt würden. Das konnte zum Beispiel für Mord im Namen einer vermeintlichen Ehre gelten.

Die Änderung ist ein Freibrief für jene Medien, die die Herkunft von Straftäter:innen regelmäßig genannt und sich nicht an die bisherigen Richtlinien des Pressekodex gehalten haben. Und die Änderung ist ein Kotau vor dem politischem Druck von rechts und all jenen Stimmen, die ihre Vorurteile in der Medienberichterstattung über Straftaten gespiegelt sehen wollen.

Die Neuen deutschen Medienmacher:innen begrüßen, dass der Presserat an der Feststellung fest hält: "Besonders ist zu beachten, dass die Erwähnung Vorurteile gegenüber Minderheiten schüren könnte." Noch besser wäre es gewesen, wenn er zur bisherigen Fassung einfach Beispiele als Orientierungshilfe bereit gestellt hätte.

 

24. März 2017