Die Sache mit der Herkunft

Zum Mord an einem Jungen im Hauptbahnhof in Frankfurt/Main

Zum Mord an einem Jungen in Frankfurt: Medien sollten die Herkunft des Täters nur nennen, wenn ein Bezug zur Tat besteht.

Der Tod eines Jungen, der von einem offenbar psychisch kranken Mann auf dem Frankfurter Hauptbahnhof vor einen Zug gestoßen wurde, hat große Aufmerksamkeit erregt. Wieder einmal wurde dabei die Frage diskutiert, ob es richtig ist, dass Medien in so einem Fall die Herkunft des Täters nennen.

Die Neuen deutschen Medienmacher:innen vertreten den Standpunkt, dass die Herkunft nur dann genannt werden sollte, wenn ein unmittelbarer Bezug zur Tat besteht. Bei Fällen mit einer so großen medialen Aufmerksamkeit wie dem Frankfurter Fall, werden viele Details berichtet, auch die Herkunft des Straftäters.

Wir beobachten aber mit Sorge, dass über viele Straftaten erst dann im großem Umfang berichtet wird, wenn Straftäter:innen einen Migrationshintergrund haben, geflüchtet sind, Muslim:innen oder PoC sind. Das stellt die Berichterstattung vor neue Herausforderungen und zwingt uns, unsere journalistischen Standards immer wieder neu zu überprüfen.

Wenn die Herkunft eine Rolle spielt, warum dann nicht bei allen?

Deutschland ist vielfältiger geworden. Es ist nicht überraschend, dass Straftäter:innen einen Migrationshintergrund haben. Wir halten das nicht immer für erwähnenswert. Wer meint, bei Straftaten unbedingt die Herkunft von Täter:innen erwähnen zu müssen, kann das möglichst auch bei allen anderen Beteiligten tun, also bei den Opfern, den Zeug:innen, den Polizist:innen, Sanitäter:innen und Ärzt:innen.

So hat es beispielsweise der FOCUS gemacht, als er in diesen Wochen über einen Fall im nordrhein-westfälischen Voerde berichtete. Dort hat ein Mann eine 34-jährige Frau vor den Zug gestoßen und so ermordet. Der FOCUS erwähnte in einem Artikel darüber nicht nur die Herkunft des Täters. Er nannte auch die Herkunft eines Mannes, den die Polizei dafür lobte, durch seinen "heldenhaften Einsatz" Schlimmeres verhindert zu haben. Er wird im Artikel als "31-jähriger Iraker" bezeichnet. Dieses Vorgehen macht deutlich, dass es keine Frage der Herkunft ist, wer solche Verbrechen begeht – und wer davon betroffen ist. Denn das sind letztlich wir alle.

 

Vorstand
Neue deutsche Medienmacher:innen

 

Die Neuen deutschen Medienmacher:innen sind ein bundesweiter Zusammenschluss von Journalist:innen mit und ohne Migrationsgeschichte, die sich für mehr Vielfalt in den Medien einsetzen. Wir sind politisch unabhängig, nationalitäten- und konfessionsübergreifend.

 

Pressemitteilung (PDF)