PRESSEMITTEILUNG

Wie Medienhäuser Journalist*innen schützen können

Den Schutzkodex für Medienschaffende in Bedrohungslagen gibt jetzt auch online – mit praktischer Hilfe und Möglichkeiten zur Vernetzung.

Journalist*innen in Deutschland können sich ab sofort online darüber informieren, ob ihr*e Arbeit- oder Auftraggeber*in dem Schutzkodex für Medienschaffende in Bedrohungslagen beigetreten ist.

Auf der Website www.schutzkodex.de finden sich zudem die unterstützenden Maßnahmen der Medienhäuser für feste und freie Mitarbeiter*innen, die akut bedroht werden oder angegriffen wurden. Darüber hinaus werden Stammtische für betroffene Journalist*innen angeboten. Die Online-Treffen finden jeweils in kleiner Runde und im geschützten Raum statt.


Standards zum Schutz von Journalist*innen

Ein Bündnis aus Journalist*innenorganisationen, Mediengewerkschaften und Beratungseinrichtungen hatte den Schutzkodex im Frühjahr 2021 ins Leben gerufen. Medienhäuser, die sich dem Kodex angeschlossen haben, erklären sich dazu bereit, wichtige Standards zum Schutz ihrer Mitarbeitenden umzusetzen. Der Kodex umfasst ein Dutzend praktische Maßnahmen, wie feste Ansprechpersonen bei den Arbeitgeber*innen sowie psychologische und juristische Unterstützung der Betroffenen bei verbalen und körperlichen Gewalterfahrungen.

„Für viele Kolleg*innen – insbesondere Frauen und Journalist*innen of Color – stieg in den vergangenen Jahren der Druck durch Hass und Angriffe. Mit dem Schutzkodex signalisieren Medienbetriebe, dass sie diese Gefahr für die Pressefreiheit ernst nehmen und sorgen dafür, dass wichtige Stimmen nicht verstummen", sagte Thembi Wolf, Vorsitzende der Neuen deutschen Medienmacher*innen.

Wer ist dem Schutzkodex beigetreten?

Dem Schutzkodex hatten sich zum Start der Initiative bereits die dpa, die tazZEIT und ZEIT ONLINE, der SPIEGEL und die Frankfurter Rundschau angeschlossen. Neu hinzu gekommen ist seitdem die Südwestdeutsche Medien Holding, zur der auch die Süddeutsche Zeitung gehört. SZ-Chefredakteur Wolfgang Krach: „Die Gewalt gegen Journalistinnen und Journalisten nimmt zu, in Deutschland wie auch international. Wir setzen uns weiterhin dafür ein, dass unsere Journalistinnen und Journalisten frei und unabhängig recherchieren und berichten können. Deshalb haben wir uns dem Schutzkodex angeschlossen."

Zahl der Angriffe stark gestiegen

Kurz vor dem Jahreswechsel hatten Journalist*innen unter dem Hashtag #AusgebranntePresse auf Twitter auf die zermürbenden Übergriffe aufmerksam gemacht. Die Seite Mapping Media Freedom verzeichnete bis Ende des Jahres 119 verifizierte Angriffe auf die Pressefreiheit in Deutschland, darunter beispielsweise eine Pfeffersprayattacke auf einen Fotografen am Rande einer Demonstration, Schläge gegen Journalisten auf einer Kundgebung gegen die Corona-Maßnahmen, Drohungen mit einem Messer sowie verbale Hetze per Mail und Social Media. Die Zahl der Übergriffe ist damit das zweite Jahr in Folge stark gestiegen; zudem dürfte die Dunkelziffer um ein Vielfaches höher sein.

Forderung an Medienbetriebe

Medienhäuser, die einen Beitritt zum Schutzkodex explizit abgelehnt haben, begründeten dies entweder mit den Kosten, die mit Umsetzung der Standards möglicherweise auf sie zukommen könnten, oder damit, bereits genug zum Schutz ihrer Mitarbeitenden zu tun. Die Initiator*innen des Schutzkodex' erwidern darauf: „Wir fordern die Medienhäuser, die den Schutzkodex bislang nicht umsetzen, dazu auf, der Initiative beizutreten."


Hintergrund

Für Journalist*innen und Medienmitarbeitende, die zur Zielscheibe von Hass und Hetze werden, ist die Bedrohung psychisch sehr belastend. Häufig machen die Angriffe auch vor Familienmitgliedern nicht Halt. Der Schutzkodex beinhaltet daher auch juristische und psychologische Unterstützung für die Familien der Betroffenen. Wenn im Rahmen von Berichterstattung und Recherche mit körperlichen Angriffen zu rechnen ist, verpflichten sich die Medienhäuser, Journalist*innen die Begleitung durch Sicherheitspersonal anzubieten. Weitere Punkte des Kodex' sind die rechtliche Unterstützung bei Auskunftssperren von Meldeadressen oder die Unterstützung nach strafbaren Bedrohungen und Beleidigungen in E-Mails oder Social Media Kommentaren.

Medienhäuser, die sich dem Schutzkodex ebenfalls anschließen wollen, können sich an die Mitglieder der Initiative wenden: die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union | ver.di, der Deutsche Journalisten-Verband (DJV), die Neuen deutsche Medienmacher*innen e.V., Reporter ohne Grenzen e.V. und der Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt e.V. (VBRG e.V.).


Informationen zu den Mitgliedern der Initiative und Ansprechpersonen:

Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt e.V. (VBRG e.V.)
Die im VBRG e.V. zusammengeschlossenen unabhängigen Beratungsstellen aus 13 Bundesländern unterstützen und beraten jährlich professionell und parteilich hunderte von Betroffenen rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt – darunter auch Journalist*innen und Medienarbeiter*innen. Pressekontakt: Heike Kleffner, h.kleffner​verband-brg.de

Neue deutsche Medienmacher*innen e.V.
Die Neuen deutschen Medienmacher*innen sind ein bundesweiter Zusammenschluss von Journalist*innen mit und ohne Einwanderungsgeschichte, die sich für mehr Vielfalt in den Medien und rassismuskritischen Journalismus stark machen. Kontakt: Konstantina Vassiliou-Enz, vassiliou-enz​neuemedienmacher.de

Reporter ohne Grenzen
Reporter ohne Grenzen (RSF) dokumentiert Verstöße gegen die Presse- und Informationsfreiheit weltweit und alarmiert die Öffentlichkeit, wenn Journalistinnen und Journalisten und deren Mitarbeitende in Gefahr sind. Die Organisation kämpft gegen Zensur und setzt sich für mehr Sicherheit und besseren Schutz von Medienschaffenden ein. Pressekontakt: Jennifer Schiementz, presse​reporter-ohne-grenzen.de

Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union | ver.di
Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di ist die Gewerkschaft für festangestellte und freiberufliche Journalistinnen und Journalisten innerhalb von ver.di, der größten Interessenvertretung für Medienschaffende in Deutschland. dju.verdi.de Pressekontakt: Monique Hofmann, monique.hofmann​verdi.de, Tel.: (030) 69 56-23 22

Deutscher Journalisten-Verband (DJV)
Der Deutsche Journalisten-Verband vertritt als Gewerkschaft und Berufsverband die berufs- und medienpolitischen Ziele der hauptberuflichen Journalistinnen und Journalisten aller Medien. Mit über 30.000 Mitgliedern ist der DJV die größte Journalisten-Organisation in Deutschland und Europa. Pressekontakt: Hendrik Zörner, zoe​djv.de, Tel.: (030) 72 62 79 20