Wahlen und Demokratie sind „nur eine Show”

 

Das Narrativ

Wahlen seien lediglich ein Instrument, um der Bevölkerung das Gefühl der Teilhabe vorzutäuschen, während die tatsächlichen politischen Entscheidungen bereits im Vorfeld feststünden. Wahlen seien deswegen unwirksam.

 

Die Argumentation

Um dieses Narrativ zu begründen, werden oft Zitate aus dem Kontext gerissen und selektiv verwendet, um den Eindruck zu erwecken, dass dieselbe Politik verfolgt wird, egal welche der bisherigen Regierungsparteien die Regierungsgewalt innehat.

Zur Verstärkung dieses Arguments werden Satire-Sendungen als vermeintliches Indiz herangezogen, die aber nicht als Satire gekenn- zeichnet werden. So wird der Eindruck vermittelt, politische Prozesse und Wahlen seien lediglich „Theater für die Öffentlichkeit“ und die „eigentlichen Entscheidungen” würden anderswo getroffen. Wer genau vermeintlich diese Entscheidungen trifft, wird meist nicht konkretisiert.

Das Narrativ läuft in seiner Zuspitzung auf die antisemitische Verschwörungserzählung „New World Order“ hinaus. Diese behauptet, dass eine geheime Elite mit dem Ziel arbeitet, eine autoritäre Weltregierung zu etablieren, die nationale Souveränität und individuelle Freiheiten abschafft.Mehr Informationen gibt es bei der Amadeu Antonio Stiftung.

 

Keywords, die ein Hinweis auf das Narrativ sein können

‘Die da oben’ (antisemitischer Code) I ‘Wahrheit trauen’  

 

Gegenargumente

Für die Behauptung von Schein-Wahlen gibt es keine Belege. Auch die Behauptung, dass Wahlen keine Veränderungen bewirken, ist unzutreffend und verkennt, dass die liberale Demokratie eine äußerst dynamische Staats- und Herrschaftsform ist.

Denn die liberale Demokratie zeichnet sich durch Pluralismus, Meinungsvielfalt, Rechtsstaatlichkeit, Gewaltenteilung, Schutz der Menschenrechte und Wahl- und Beteiligungsrechte aus. Diese Merkmale unterstreichen ihre Anpassungsfähigkeit und Flexibilität in einer sich ständig verändernden Gesellschaft. Wahlen legitimieren die politische Führung, kontrollieren diese und sichern die Bindung der Politik an die Meinung der Bürger*innen. Deutschland ist eine Parteiendemokratie, in der jede Partei ihre eigenen politischen Grundsätze, Inhalte und Programme vertritt. Wahlen zeigen, dass verschiedene Parteien die politische Führung übernehmen und unterschiedliche politische Schwerpunkte setzen können.1 Unter der sechzehnjährigen Amtszeit von Angela Merkel,2 vor allem in den beiden letzten Kabinetten der Großen Koalition, gab es eine gewisse Kontinuität in der Politikgestaltung und wenig Reformvisionen.3 Doch die letzte Bundestagswahl brachte eine historische Veränderung: Erstmals bildete sich eine rot-grün-gelbe Koalition, die den Regierungsauftrag übernahm.4 Diese Veränderung spiegelt sich auch in politischen Maßnahmen wider.5 Dies unterstreicht die dynamische Natur der politischen Landschaft und widerlegt die Vorstellung einer konstanten Politik unabhängig von den regierenden Parteien.

Deutschland belegt im Demokratie-Index von der „Economist Intelligence Unit“ (EIU) 2023 den 12. Platz von 167 und erzielt besonders gute Ergebnisse in Bezug auf Wahlverfahren und Pluralismus. Dies spiegelt die Offenheit, Transparenz und das Funktionieren des Wahlsystems und der Machtübergabe wider.6 Die Demokratiequalität in Deutschland, ebenfalls gemessen am EIU-Index, verbesserte sich von 2010 bis 2022 und erreichte 2022 einen Wert von 8,8 von 10 Indexpunkten.7

Gemäß Artikel 20 des Grundgesetzes wird die Staatsgewalt in Deutschland vom Volk ausgeübt, das seine Vertreter*innen im Bundestag wählt.8 Die regelmäßigen Wahlen konfrontieren Politiker*innen mit dem ständigen Ziel der Wiederwahl und erfordern daher, die Meinung sowie den Willen der Wählerschaft ernsthaft zu berücksichtigen. Um in einem hart umkämpften politischen Umfeld wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen Politiker*innen ihre Politik also nach den Wünschen der Bürger*innen ausrichten.9

Einen Überblick über umgesetzte Maßnahmen der amtierenden Bundesregierung

Regierungsmonitor der Bundesregierung

 


Oskar Niedermayer (2022): Die Rolle und Funktionen von Parteien in der deutschen Demokratie (zuletzt aufgerufen am 04.04.2024)

Statista (2024): Länge der Amtszeiten der Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland in den Jahren 1949 bis 2023 (zuletzt aufgerufen am 04.04.2024)

Reimut Zohlnhöfer (2021): Krisenmodus statt Visionen. Eine Reformbilanz der Regierungen unter Angela Merkel (zuletzt aufgerufen am 04.04.2024)

Statista (2024): Regierungsdauer der bisherigen Koalitionsbündnisse im Bundestag von 1949 bis 2023 (zuletzt aufgerufen am 04.04.2024)

Die Bundesregierung (2024): Mehr Chancen und mehr Respekt (zuletzt aufgerufen am 04.04.2024)

Economist Intelligence (2024): Democracy Index 2023. Age of conflict, S. 9 und S. 68 (zuletzt aufgerufen am 04.04.2024)

Statista (2024): Entwicklung der Demokratiequalität in Deutschland nach dem Democracy Index in den Jahren von 2010 bis 2022 (zuletzt aufgerufen am 04.04.2024)

Deutscher Bundestag (2024): Der Bund und die Länder (zuletzt aufgerufen am 04.04.2024)

Karl-Rudolf Korte (2021): Warum wählen? (zuletzt aufgerufen am 04.04.2024)